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Weil nicht sein kann, was nicht sein darf!
Im Dezember 2014 lautete der Beschluss des Gemeinderates in der Hoffnung auf Beruhigung und Entzerrung der Situation in der Altstadt: Längere Öffnungszeiten für die Gastronomie ein Jahr lang erproben!
Nach der Probephase zeigten nun sämtliche Berichte der Polizei, des Kommunalen Ordnungsdienstes (KOD), der Stadtverwaltung (BM Erichson) sowie der Anwohner, dass diese Erwartung sich nicht erfüllte. Sogar die Stadtspitze erkannte öffentlich: „Das Aggressionspotential nach 03:00 Uhr ist eine neue Dimension.“
(BM Erichson, Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am 16.3.) „Wenn sich die Situation in der Altstadt nicht verbessert, ist das nicht weiter hinnehmbar.“ (OB Würzner, in der RNZ am 26.3.)
Die vorgelegten Fakten, dass zwischen 03:00 Uhr und 06:00 Uhr sowohl die Lärmbelastung als auch die Körperverletzungsdelikte zugenommen haben und eine Entzerrung nicht stattfand, hätten nach den eigenen Ansprüchen des Gemeinderates ohne Wenn und Aber zu einer Beendigung der Probezeit führen müssen.
Den Zusammenhang zwischen der Verschärfung der Lärmproblematik in die frühen Morgenstunden und der Verlängerung der Kneipenöffnungszeiten hat die Polizei mehrfach hervorgehoben.
Die Unverfrorenheit, mit der die Ratsmehrheit am 23.3.2016 die Aussagekraft dieser eindeutigen Aussagen der Verwaltung in Zweifel zieht, bedeutet, dass man Polizei und KOD im Regen - oder besser - in Lärm, Dreck und Gewaltausbrüchen bis in die frühen Morgenstunden stehen lässt.
Es verwundert auch, dass bei einzelnen Gemeinderäten subjektive Einschätzungen der Situation den Maßstab für die Entscheidung bilden, während breitangelegte Datenbefunde wie die Anwohnerbefragung der Polizeihochschule Münster im Herbst 2013 – und seitdem hat sich die Situation noch verschlimmert! - keinen Eingang in die Diskussion und Entscheidung finden: dass nämlich 83,5% der Altstädter, die sich geäußert haben, Handlungsbedarf sehen, weil sie Verunreinigungen durch Urin, Erbrochenes usw. und die Lärmbelästigung als gravierendes Problem sehen.
LindA fragt:
- Warum soll die Allgemeinheit mit den Kosten für Polizei, KOD und nun auch noch für Lärmschutzfenster für
die Folgen unverantwortlichen Freizeitverhaltens und der Gewinnsteigerung einiger weniger Kneipen
aufkommen?
- Warum soll, was bei diversen vorangegangenen Runden Tischen keinen durchschlagenden Erfolg hatte,
diesmal besser gelingen?
- Warum wird nicht einfach konsequent durchgesetzt, was ohnehin im Landesgaststättengesetz steht: „Es ist
verboten, alkoholische Getränke in einer Weise anzubieten oder zu vermarkten, die geeignet ist, dem
Alkoholmissbrauch oder übermäßigem Alkoholkonsum Vorschub zu leisten.“
Die nebeneinanderstehenden Artikel in der RNZ vom 23.3. machen diese Widersprüche deutlich.
Respekt und Dank gebührt den wenigen Gemeinderäten, die diese Widersprüche formuliert und die Fragen im Gemeinderat aufgeworfen haben. Das Fazit der Bürgerinitiative LindA lautet:
Mit diesem Beschluss hat das Stadtparlament als Vertretung der Bürger nicht die Interessen der Bürger der Altstadt vertreten, sondern ist dem Satz gefolgt, der im Dezember 2014 schamhaft in letzter Minute noch aus der Beschlussvorlage für die Verlängerung der Kneipenöffnungszeiten gestrichen wurde:
Es „überwiegen im Ergebnis die Interessen der Gaststättenbesucher und Gastwirte die Interessen der Anwohner.“
PRESSERKLÄRUNG:
KLAGE GEGEN STADT HEIDELBERG VOR DEM VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG
WEGEN SPERRZEITEN
Die nachfolgend genannten Bewohner der Heidelberger Altstadt haben im Dezember 2015 einen sog. Normen-kontrollantrag gegen die Aufhebung der Sperrzeiten vor dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH) gestellt.
Mit Wirkung zum 1.1.2015 hatte der Gemeinderat der Stadt entgegen dem Vorschlag des hauseigenen Rechts- bzw. Ordnungsamtes die bis dahin geltenden Sperrzeiten komplett aufgehoben. Damit wurden
auch Bedenken ignoriert, die der VGH wegen der Lärmsituation in der Altstadt in einem anderen Verfahren geäußert hatte.
Oftmals stark alkoholisierte und randalierende Menschenassen ziehen seitdem nicht nur am Wochenende nachts bis um sechs Uhr früh durch die engen Gassen der Altstadt. Mit der Aufhebung der
Sperrzeiten hat die Stadt HD die bisher schon unerträgliche Situation erheblich verschärft und auf einen sachgerechten Interessenausgleich zwischen Altstadtbewohnern einerseits und den Wirten und
Besuchern von Kneipen und Diskotheken andererseits verzichtet.
Welche Interessen dominieren, hat der Ressortbürgermeister Erichson vor dem Gemeinderatsbeschluss am 18.12.2014 deutlich gemacht. In seiner Vorlage heißt es:
„Die Interessen der Gaststättenbesucher und Gastwirte (überwiegen) die Interessen der Anwohner.“
Bis zuletzt ignorierte die Stadt die mehrfach festgestellten, erheblichen Überschreitungen der Lärmrichtwerte, die Verdoppelung der Kneipendichte seit Ende der 1980er Jahren sowie das veränderte
und deutlich rücksichtslosere Ausgehverhalten vieler Partygänger. Der Normenkontrollantrag macht nunmehr deutlich, dass die Aufhebung der Sperrzeitverordnung die Rechte der betroffenen
Altstadtbewohner, insbesondere auf ein Mindestmaß an Nachtruhe, verletzt.
Die Kläger sind sich einig, dass die Altstadt ein Ort mit einer gelebten Kneipenkultur bleiben soll. Doch das, was derzeit nachts in den Gassen und Straßen der Altstadt passiert, gleicht einem
staatlichen Kontrollverlust. Ihrer Aufgabe, die erforderlichen Rahmenbedingungen für ein interessengerechtes Miteinander zu definieren und geordnete Verhältnisse herzustellen, wird die Stadt
derzeit nicht gerecht. Die Polizei kann mit den ihr zur Verfügung stehenden Kräften die von der Stadtpolitik zu verantwortenden Defizite nicht kompensieren.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Normenkontrollantrag vom 21.12.2015 verwiesen, der dieser Presseerklärung beigefügt ist.
Adelheid Wessendorf,
Wolfgang Ditscheid,
Nikolai Wessendorf.
s. dazu auch Artikel der RNZ (Downloads)
Da die Stadt Heidelberg bislang nicht zu erkennen gibt, dass sie bereit ist, das von Familie Jansen 2014 vor dem Verwaltungsgerichtshof erstrittene Urteil umzusetzen - sondern im Gegenteil - der neu konstituierte Gemeinderat in seiner öffentlichen Sitzung beschlossen hat, den Gaststätten längere Öffnungszeiten zuzugestehen, hat das LindA - Plenum entschieden, weitere juristische Schritte von Anwohnern zu unterstützen.
Presseerklärung von LindA zu den Sperrzeiten
(Dezember 2015)
Die neue Sperrzeitenregelung hat die Lärmbelastung nicht verringert oder entzerrt, vielmehr hat sich der Lärm bis in die frühen Morgenstunden hinein verlängert. Beleg dafür sind eigene Beobachtungen, Aussagen der Altstadtbewohner und die uns vorliegenden Anzeigen. Hauptquelle des Lärms sind die Ansammlungen von lautstark agierenden Gästen vor Kneipen und Diskotheken und die durch die Altstadt streifenden Gruppen vor und nach dem Besuch von Lokalitäten.
Bestätigt werden diese Erfahrungen auch durch Äußerungen von Hotelgästen auf den Bewertungsseiten im Internet; stellvertretend sei ein solcher Eintrag zitiert:
"Schlafen Sie nicht bei offenem Fenster, es sei denn, Sie sind taub! Heidelberg ist eine Partystadt und Massen von Menschen sind zu jeder Tages- oder Nachtzeit, besonders an den Wochenenden zu Fuß unterwegs."
Die flankierenden Maßnahmen (Aufstockung des KOD) haben nicht zu einer Verringerung der nächtlichen Belästigungen geführt: Der KOD, wie auch die Polizei, ist in der Regel nicht oder nicht rechtzeitig vor Ort. Ordnungsrechtliche Maßnahmen gegen einzelne Betriebe, die als besondere Brennpunkte identifizierbar sind, werden nicht ergriffen. Der von den Bürgerinitiativen nachgefragte Maßnahmenkatalog wurde nicht erstellt. Das Vorgehen gegen Brennpunktkneipen bleibt weiter nicht transparent.
Fazit:
Nur eine Verlängerung der Sperrzeiten wird die unerträglichen Belastungen für die Altstadtbewohner verbessern und den Vorschriften der Technischen Anweisung Lärm Rechnung tragen.
Das Plenum der Bürgerinitiative LindA hat aufgrund der Erfahrungen bei den bisherigen Kooperations-gesprächen beschlossen, die Stellungnahme zum Kooperationsgespräch am 9. Dezember 2015 schriftlich vorzulegen. LindA erwartet, dass diese Stellungnahme ungekürzt Eingang in den städtischen Erfahrungs-bericht findet.
Entscheidungsfindung zum Thema Sperrzeiten à la Heidelberg
Stand 27.11.2014
"....Die Verlängerung der Sperrzeit im Verordnungsgebiet führt dazu, dass durch das frühere Schließen der Gaststätten der durch deren Gäste verursachte Lärm früher nachlässt und somit eine längere Nachtruhe für die Anwohner gewährleistet werden kann.
Auch wenn die Gäste nicht ausschließlich für den insgesamt vorhandenen Lärmpegel verantwortlich sind, so tragen sie jedoch den überwiegenden Teil bei.
Lärm von Personen, die sich ggf. im öffentlichen Raum aufhalten, ohne Gäste der betroffenen Gaststätten zu sein, endet voraussichtlich ebenfalls früher, da mit dem früheren Schließen der umliegenden Gaststätten auch die Attraktivität des öffentlichen Raumes (zum Aufenthalt ohne Gaststättenbesuch) reduziert wird."
Stand 18.12.2014
"....Der Gemeinderat beschließt auf der Grund- lage der schalltechnischen Untersuchung vom 22. Oktober 2014 und der modifizierenden Begründung die als Anlage 1 NEU beigefügte „Verordnung zur Aufhebung der Rechtsverord- nung der Stadt Heidelberg über die Verläng- erung der Sperrzeit im Bereich der Altstadt“. Damit gilt die Landesregelung.
Modifizierende Begründung:
Nach ausführlicher Anhörung aller Betroffenen bzw. deren Interessensverbände und Initiativen in einem vorgeschalteten Anhörungstermin und intensiver Beratung im Gremienlauf sollen nach Abwägung aller Umstände mit der Aufhebung der bisherigen Sperrzeitverordnung in der gesamten Heidelberger Altstadt die allgemeinen Sperrzerten nach § 9 der Gaststättenverordnung Baden-Württemberg gelten. Dieses Ergebnis wird zusammengefasst wie folgt begründet:
Zwar lassen sich nach der schalltechnischen Untersuchung an bestimmten
Stellen der Altstadt Überschreitungen der Richtwerte der TA-Lärm feststellen.
Jedoch überwiegen im Ergebnis die Interessen der Gaststättenbesucher und Gastwirte die Interessen der Anwohner.
Zur Erhaltung der besonderen Attraktivität der räumlichen Gaststättensituation in der Heidel-berger Altstadt und zur Vermeidung empfind-licher Umsatzeinbußen der Gaststättenbetreiber sind die festgestellten Lärmbeeinträchtigungen der Anwohner hinzunehmen. Die erhöhten Richtwertüberschreitungen (bis zu 15 dBA) treten nur in wenigen Straßen und kleinräumig vor drei Diskotheken auf. Dabei wird nirgends die Schwelle zur Gesundheitsgefahr (über 60 dbA) überschritten und es handelt sich nicht um Dauerpegel. Damit besteht insbesondere kein Grund, für die Altstadt großflächig einen Sperrzeitbereich festzulegen. Auf die Festlegung eines kleineren Sperrzeitbereichs wird ver- zichtet, weil mit dem Wegfall des bisherigen Sperrzeitbeginns um 2 bzw. 3 Uhr und der Ausdehnung der Öffnungszeiten bis zum Beginn der allgemeinen Sperrzeit eine Flexibilisierung /Entzerrung erreicht wird. Die bisherigen Lärmspitzen zum Sperrzeitbeginn, die dadurch entstehen, dass die zu diesem Zeitpunkt noch zahlreichen Gäste sich alle gleichzeitig in den öffentlichen Raum begeben, werden entschärft bzw. entfallen. Auch die Wanderungsbeweg- ungen zu aufgrund von Ausnahmeregelungen noch geöffneten Betrieben entfallen."
Die bisherige web-Seite http://linda-heidelberg.blogspot.de/ bleibt erhalten - wird aber nicht mehr gepflegt.
Sie dient als Archiv für die dort hinterlegten Inhalte.